Abmahnung

Was wird arbeitsrechtlich unter einer Abmahnung verstanden?

Nicht jeder Konflikt, jeder Rüffel oder jede Vorhaltung stellt eine Gefahr für Ihr Arbeitsverhältnis dar. Liegt allerdings eine Abmahnung im Rechtssinne vor, muss dies ernst genommen werden.

Für eine solche Abmahnung müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

Das abgemahnte Verhalten muss vom Abmahnenden detailliert beschrieben werden – samt Datum und Uhrzeit. Allgemeine Notizen, wie ‚kommt häufig zu spät‘ oder ‚Arbeitsleistung mangelhaft‘ sind keine Abmahnungen.

Der Arbeitgeber muss das abgemahnte Verhalten eindeutig als Vertragsverstoß kommunizieren und den Arbeitnehmer zur Unterlassung eines solchen Verhaltens auffordern.

Dem Arbeitnehmer muss deutlich vermittelt werden, dass im Wiederholungsfall mit einer Kündigung seitens des Arbeitgebers zu rechnen ist.

Was ist der Unterschied zwischen einer Abmahnung und eine Ermahnung?

Arbeitgeber sprechen häufig eine etwas ‚milder‘ klingende Ermahnung statt einer Abmahnung aus. Dadurch entsteht für den Arbeitnehmer die Frage, ob diese weniger schlimm klingende Bezeichnung dennoch eine Abmahnung darstellt.

Bei der Differenzierung kommt es nicht auf die vom Arbeitgeber verwendete Bezeichnung, sondern auf den Inhalt an. Sind die für eine Abmahnung erforderlichen drei Kriterien erfüllt, liegt unabhängig der Formulierung eine Abmahnung vor.

Durch wen kann eine Abmahnung ausgesprochen werden?

In den meisten Fällen werden Abmahnungen durch den Arbeitgeber ausgesprochen – doch ist der Arbeitnehmer ebenfalls zum Ausspruch einer solchen berechtigt, sollte der Arbeitgeber gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen haben. Grundsätzlich muss ein konkreter Vertragsverstoß des jeweils anderen Vertragspartners vorliegen, der mittels der Abmahnung beanstandet wird.

Seitens des Arbeitgebers sind nicht nur diejenigen zur Aussprache einer Abmahnung berechtigt, die auch eine Kündigung aussprechen dürfen. Abmahnen dürfen alle dem Arbeitnehmer weisungsbefugten Personen.

Der Arbeitnehmer muss vor der Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts wegen rückständigen Gehalts den Arbeitgeber immer erst abmahnen und zur Zahlung auffordern.

Wieso werden Abmahnungen ausgesprochen?

Vertragsverstöße sollten nicht stillschweigend hingenommen werden. Denn so kann es geschehen, dass ein ursprünglich vertragsverstoßendes Verhalten durch länger anhaltende Duldung zu einer Vertragsänderung führt: Aufgrund‚ schlüssigen Verhaltens‘ kann eine Vertragswidrigkeit so zum vertragsgemäßen Verhalten werden.

Was für Auswirkungen hat eine Abmahnung hinsichtlich des Kündigungsschutzes?

In der Regel werden Abmahnungen vom Arbeitgeber ausgesprochen – und dienen als notwendige Voraussetzung, den Arbeitnehmer aus verhaltensbedingten Gründen ordentlich zu kündigen.

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn sie mit einer zumindest einmaligen, erfolglosen Abmahnung eines Fehlverhaltens begründet werden kann. Vor einer solchen Kündigung muss dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber die Chance zur Veränderung der beanstandeten Verhaltensweise gegeben werden.

Kommt ein Arbeitnehmer beispielsweise häufig zu spät, besteht an sich keine Grundlage zur Kündigung. Hat der Arbeitgeber jedoch diesbezüglich abgemahnt und der Mitarbeiter verstößt ein weiteres Mal gegen seine vertragsmäßigen Pflichten (Pausenüberziehen, Unpünktlichkeit), kann er gekündigt werden. Aufgrund der vorhergehenden Abmahnung ist dann nicht davon auszugehen, dass eine erneute Abmahnung eine Verhaltensänderung herbeiführen würde.

Untersteht Ihr Arbeitsverhältnis dem allgemeinen Kündigungsschutz gemäß dem Kündigungsschutzgesetz (KschG), wird Ihre kündigungsrechtliche Situation durch eine Abmahnung verschlechtert. Eine Abmahnung kann rechtlich den Bestand Ihres Arbeitsverhältnisses gefährden – da durch Ihren Arbeitgeber im Wiederholungsfall eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Grünen ausgesprochen werden kann.

Hat eine Abmahnung auch außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes eine Bedeutung?

Ja – eine Abmahnung kann Ihr Arbeitsverhältnis auch dann gefährden, wenn es nicht oder nur durch den ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes geschützt wird.

Auch für die verhaltensbedingte Kündigung von Schwangeren, Behinderten, Betriebsratsmitgliedern oder anderen Personen mit ‚besonderem Kündigungsschutz‘ verlangen Arbeitsgerichte eine vorherige Abmahnung durch den Arbeitgeber.

Muss auch vor einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen werden?

Ja. Auch vor einer außerordentlichen Kündigung müssen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer gemäß aktueller Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in der Regel zuvor eine Abmahnung aussprechen. Etwas anderes gilt, wenn das Verhalten eine derart grobe Pflichtverletzung darstellt, dass eine Weiterbeschäftigung unter keinem Umstand denkbar ist.

Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) stellen selbst erhebliche Pflichtverstöße wie beispielsweise kriminelle Handlungen des Arbeitnehmers keinen ausreichenden Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung dar, wenn der lediglich Schaden gering ist (Bagatellbetrug, Bagatelldiebstahl) und das Arbeitsverhältnis vorher lange Zeit ohne Beanstandung war – der Verstoß als einmaliger Ausrutscher betrachtet werden kann. Selbst in diesen Fällen muss ein Arbeitgeber den Betrug oder den Diebstahl vor einer Kündigung zunächst abmahnen.

Ist der Arbeitnehmer laut tarifvertraglicher Vorschriften ordentlich unkündbar, ist ebenfalls eine zuvor ausgesprochene Abmahnung Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung. In diesem Fall kann der Arbeitgeber lediglich aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen. Besteht dieser wichtige Grund aus einem erheblichen Pflichtverstoß und nicht beispielsweise durch eine Betriebsschließung, setzt eine demnach verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung des unkündbaren Arbeitnehmers voraus, dass dieser in der Vergangenheit bereits abgemahnt worden ist.

Kann eine Abmahnung auch mündlich erfolgen?

Grundsätzlich ist auch eine mündlich ausgesprochene Abmahnung wirksam. Sie bedarf nicht der Schriftform. Dennoch ist eine schriftliche Abmahnung zu empfehlen, da eine Nachvollziehbarkeit des Inhalts ansonsten nur schwer möglich ist und dieser unbedingt relevant ist, im weiteren Verlauf ggf. eine Kündigung zu rechtfertigen.

Wie oft muss vor einer Kündigung abgemahnt werden?

Einen gegen seine Pflichten verstoßenden Arbeitsvertragspartner muss man vor Ausspruch der Kündigung nicht unbedingt mehrfach abmahnen. Es kann eine Abmahnung genügen, um beim Wiederholungsfall die Kündigung aussprechen zu können.

Bei diesem die Kündigung begründenden Wiederholungsfall muss der Arbeitsvertragspartner die selbe Art von Pflichtverstoß begangen haben, wie bereits abgemahnt. Gilt ein Arbeitnehmer als abgemahnt, weil er regelmäßig verspätet zur Arbeit kam, kann er z.B. nicht wegen unsachgemäßen Umgang mit dem Firmeneigentum gekündigt werden.

Begeht der abgemahnte Vertragspartner aber nach bereits zu Recht erteilter Abmahnung wiederholt die selbe Art von Pflichtverstoß, ist eine Kündigung möglich.

Erfordert eine Abmahnung eine vorherige Anhörung des abgemahnten Arbeitnehmers?

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer zu dem Vorfall anhören, wenn er die Abmahnung in die Personalakte aufnehmen will. Andernfalls nicht. Dies ist für Angestellte im öffentlichen Dienst in § 14 Abs. 2 Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) festgelegt.

Die Pflicht zur Anhörung des Arbeitnehmers vor Aufnahme der Abfindung in die Personalakte wird außerhalb des Anwendungsbereiches des BAT in § 82 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Ist ein Arbeitnehmer vor Eintragung der Aufnahme in seine Personalakte nicht angehört worden, kann der die Entfernung zwar verlangen – doch die Abmahnung ist als Vorstufe für eine Kündigung trotzdem ausreichend, hätte sie auch mündlich ausgesprochen werden können.

Wegen welcher Vorfälle darf ein Arbeitgeber Abmahnungen aussprechen?

Für eine Abmahnung bedarf es eines Vertragsverstoßes. Von einem solchen kann nur dann die Rede sein, wenn das zu beanstandende Verhalten willentlich gesteuert werden kann. Da man für Erkrankungen nichts tun kann, stellen krankheitsbedingte Fehlzeiten keine Berechtigung für eine Abmahnung dar.

Gleichzeitig brauchen die Vertragsverstöße eine gewisse Schwere – für ‚Lappalien‘ kann keine Abmahnung ausgesprochen werden.

Abmahnungen kommen beispielsweise zum Tragen bei

  • Verletzung der Anzeige- und Nachweispflicht von Krankheiten
  • Arbeitsbummelei
  • Verspätungen
  • Nichtbefolgung von Anweisungen
  • Gleichzeitig muss der Arbeitgeber, welcher nach vorheriger Abmahnung kündigt, in einem Kündigungsschutzprozess beweisen, dass für die Abmahnung ein sachlicher Grund bestand. Der Vertragsverstoß darf also nicht nur vom Arbeitgeber behauptet werden, sondern muss auch wirklich vorliegen.

    Können auch lange zurück liegende Vorfälle anbgemahnt werden?

    Prinzipiell gibt es für die Erteilung einer Abmahnung keine zeitliche Begrenzung.

    Verliert der Arbeitgeber einen Kündigungsschutzprozess, welcher wegen einer verhaltensbedingten Kündigung geführt wurde, geschieht es nicht selten, dass er die fragliche Pflichtverletzung bzw. das fragliche Fehlverhalten des Arbeitnehmers nachträglich abmahnt. Doch auch ein Arbeitnehmer kann länger zurückliegende Lohnzahlungsverzögerungen auch später noch abmahnen.

    Müssen bei der Abmahnung Fristen beachtet werden?

    Zwar können auch lange zurückliegende Pflichtverstöße der Arbeitsvertragspartner von der jeweils anderen Partei abgemahnt werden, weswegen in dieser Hinsicht keine Frist besteht – doch ist eine Abmahnung bereits ausgesprochen, stellt sich dies anders dar: So reduziert sich die Bedeutung einer Abmahnung hinsichtlich einer später ausgesprochenen Kündigung, wenn dazwischen eine längere Zeit ohne Pflichtverstöße liegt. Erlaubt sich der Arbeitnehmer nach einer solchen langen Zeit erneut einen Fehltritt, kann die Kündigung unverhältnismäßig sein.

    Wird ein Arbeitnehmer beispielsweise aufgrund seiner Verspätungen durch den Arbeitgeber abgemahnt und passt daraufhin sein Verhalten an, kommt pünktlich und hält Pausen ein. Dies behält er über fünf Jahre bei – bis es zu einer weiteren unentschuldigten Verspätung kommt. In diesem Fall ist keine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung möglich. Zunächst muss das fragliche Verhalten erneut abgemahnt werden, da bei der zurückliegenden Abmahnung nicht mehr von einer Warnfunktion auszugehen ist und die Kündigung daraufhin unverhältnismäßig wäre.

    Sollen rechtliche Schritte gegen die Abmahnung eingeleitet werden, müssen im Allgemeinen keine Fristen beachtet werden. Besonders gilt dies für Ausschlussfristen, welche die Entfernung unberechtigter Abmahnungen aus der Personalakte nicht umfassen. Auch für die Klage auf Entfernung von Abmahnung aus der Personalakte existieren Fristen nicht.

    Wie reagieren bei Erhalt einer Abmahnung?

    Eine Abmahnung vom Arbeitgeber sollte man nicht auf sich beruhen lassen. Vielmehr sollten Sie bedenken, ob und wie sie dagegen vorgehen möchten.

    1.) Sichern Sie Beweise

    Es ist immer ratsam, Beweise (Urkunden, Zeugen) zu sichern, um den Erhalt der Abmahnung als unrechtmäßig belegen zu können. Fragen Sie Kollegen, die beim fraglichen Vorfall anwesend waren nach deren Wahrnehmung und ob sie Ihre Version bestätigen können.

    Allerdings sollten Sie keine schriftlichen Abmahnungen unterschreiben, es sei denn Sie sollen lediglich den Erhalten bestätigen. Denn mit dieser Unterschrift bestätigen Sie sonst auch die Richtigkeit des Inhalts. Damit erkennen Sie die sachliche Berechtigung zur Abmahnung an.

    2.) Geben Sie eine Gegendarstellung ab

    Ist die Abmahnung durch den Arbeitgeber in die Personalakte aufgenommen worden, können Sie eine Gegendarstellung verfassen und fordern Sie dazu auf, diese ebenfalls der Akte beizulegen. Gemäß § 83 Abs. 2 BetrVG haben Sie ausdrücklich das Recht, dem Inhalt Ihrer Personalakte auf Ihr Verlangen etwas beizufügen.

    Auch wenn Ihre Gegendarstellung z.B. bei einer berechtigten Abmahnung nichts an der Wirkung ändert, ist doch Ihre Beschreibung des Geschehens in der Personalakte.

    3.) Beschweren Sie sich beim Betriebsrat

    Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat? Dann können Sie sich bei ihm bezüglich Ihrer unberechtigter Abmahnung beschweren. Auch können Sie an dieser Stelle um Vermittlung und Unterstützung bitten. Dies ergibt sich auch aus § 85 Abs. 1 BetrVG.

    4.) Klagen Sie auf Rücknahme der Abmahnung

    Ist die Abmahnung unberechtigt, können Sie Ihren Anspruch auf Rücknahme der Abmahnung und Löschung entsprechender Einträge aus Ihrer Personalakte zunächst vom Arbeitgeber verlangen und im Zweifel auch mittels einer Klage durchsetzen. Dabei steht der Arbeitgeber in der Beweispflicht und muss die Berechtigung der Abmahnung beweisen.

    Was passiert, wenn Sie nichts unternehmen?

    Von einer nicht berechtigten Abmahnung hat auch der Arbeitgeber recht wenig: So muss er im Falle eines späteren Kündigungsschutzprozesses darlegen, dass die Abmahnung zutreffend formuliert und inhaltlich berechtigt war.

    Doch können Sie sich auch später in einem solchen Verfahren noch darauf berufen, dass die Abmahnung Ihrer Ansicht nach unberechtigt war – auch wenn Sie zunächst nichts dagegen unternommen hatten, da Frist für ein Vorgehen nicht existieren.