Beweisverwertungsverbot

Beweisverwertungsverbot einer Blutprobe bei Umgehung des Richtervorbehaltes

Immer wieder kommt es vor, dass Verkehrsteilnehmer im Rahmen einer Verkehrskontrolle gefragt werden, ob sie mit einer Alkohol- oder Drogenkontrolle einverstanden sind. Die Alkoholkontrolle beginnt dann in der Regel mit einem Atemalkoholtest, dem so genannten „Pusten“. Die Drogenkontrolle mit dem sogenannten „Wischtest“. Allerdings können hierbei schon die Probleme der Polizei beginnen, da sich niemand selber belasten braucht, geschweige denn daran mitwirken muss, sich selber zu belasten. Der Atemalkoholtest, wie auch der Drogen Wischtest können daher verweigert werden.

Bei entsprechendem Verdacht, wie z.B. eine „Fahne“ oder unsichere Aussprache wird der Betroffene gefragt werden, ob er mit einer Blutentnahme einverstanden ist. Wer hierbei „ja“ sagt, hätte auch gleich den Atemalkoholtest durchführen können. Damit ist ein späteres Berufen auf ein Beweisverwertungsverbot fast nicht mehr möglich, denn spannend und ggf. für eine spätere Verteidigung interessant wird es erst, wenn die Blutentnahme verweigert wird. Denn eine solche unterliegt dem so genannten Richtervorbehalt. Dies bedeutet,d ass der Richter die Blutentnahme für eine Blutprobe erst anordnen muss, da andernfalls ein Beweisverwertungsverbot bestehen kann.

Es gilt jedoch in jedem Fall zu beachten, dass die Blutentnahme zu dulden ist, egal ob diese durch einen richterlichen Beschluss angeordnet wurde oder nicht. Andernfalls darf die Polizei zur Durchhführung der Entnahme der Blutprobe auch unmittelbaren Zwang anwenden.

Spannend wird es bei der Ablehnung einer freiwlligen Blutprobe. Denn dann muss die Polizei eigentlich versuchen muss, um dem Richtervorbehalt zu genügen, einen Richter zu erreichen, der die Blutprobe durch einen Beschluss gem. der StPO anordnet. Da dies der Polizei jedoch fast regelmäßig zu lange dauert und der Untersuchungserfolg dadurch gefährdet werden kann, ordnet die Polizei die Blutentnahmen oftmals „wegen Gefahr im Vollzug“ auch one Beschluss nach der StPO selber an. Hierbei wird der Richtervorbehalt umgangen, was von einer Vielzahl der OLG auch gedeckt und ein Beweisverwertungsverbot abgelehnt wird.

Allerdings nach einer Entscheidung des OLG Naumburg vom 05.11.2015 (2 Ws 201/15) ist eine Blutprobe nach einer durch die Polizei angeordnete Blutentnahme unverwertbar, wenn die Polizei hierzu keine Zustimmung eines Richters einholt, obwohl dies möglich gewesen wäre, da dann ein Beweisverwertungsverbot besteht.

In dem durch das OLG Naumburg entschiedenen Fall, lag dem Betroffenen einer Ordnungswidrigkeit zur Last mit dem Auto gefahren zu sein, obwohl er illegale Betäubungsmittel eingenommen hatte. Dem durch die Polizei angebotenen Drogenschnelltest hatte der Betroffene zugestimmt, der daraufhin allein durch die Polizei angeordneten Blutentnahme hatte er widersprochen. Nachdem die Blutentnahme einen Eingriff in die Rechte eines Betroffenen darstellt, hätte es einer Anordnung durch einen Richter bedurft, um die Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen durchzuführen, denn tatsächlich war bei dem zuständigen Amtsgericht ein richterlicher Eildienst an dem Tag eingerichtet. Diesen hat der Polizeibeamte jedoch nicht versucht zu erreichen und hat damit den nach der StPO erforderlichen Richtervorbehalt umgangen.

„Ist ein richterlicher Eildienst eingerichtet, kümmert sich der Polizeibeamte, der eine Blutentnahme anordnen will, aber darum nicht, weil es ihm gleichgültig ist, liegt eine bewusste Umgehung des Richtervorbehalts vor.“ (Leitsatz des Beschl. d. OLG Naumburg).

Damit liegt nach dem OLG Naumburg ein Beweisverwertungsverbot nach der StPO vor, so dass der Betroffene freizusprechen war.

Der Fall zeigt einmal mehr, dass auch bei vermeintlichen klarer Sachlage die Einschaltung eines im Verkehrsrecht versierten Rechtsanwalt, der bei Ordnunsgwidrigkeiten im besten Fall auch über Erfahrungen im Strafrecht verfügt, sich lohnen kann, um alle möglichen Verteidigungsmittel nach der StPO, wozu selbstverständlich auch Beweisverwertungsverbote gehören, zu überprüfen.

Kennen Sie alle Beweisverbote im deutschen Recht?

Das Beweisverwertungsverbot soll dafür sorgen, dass keine unbrauchbaren Beweise in ein Urteil einfließen und dass Beweise nicht um jeden Preis erhoben werden. Wenn bestimmte Rechte von Personen bei der Aufnahme eines Beweises verletzt wurden, so wird dieser nicht in einem Prozess berücksichtigt, auch wenn er aussagekräftig ist. Das soll verhindern, dass jemand zu illegaler Beweisaufnahme motiviert wird.

Es gibt im deutschen Recht mehrere Beweisverbote statt eines einzigen, das in einem Gesetz zusammengefasst ist.

Zunächst lässt sich unterscheiden zwischen dem Beweisverwertungsverbot, das bei einem Gerichtsverfahren gilt, und dem Beweiserhebungsverbot, das die Erhebung des Beweises selbst verbietet.

Beweisthemaverbot:

Zu bestimmten Themen dürfen keine Beweise erhoben werden, beispielsweise ist es nicht zulässig, heimliche Tonaufzeichnungen von privaten Gesprächen anzufertigen.

Beweismittelverbot:

Bestimmte Mittel sind nicht als Beweis zugelassen, beispielsweise Aussagen von Zeugen, die von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben.

Beweismethodenverbot:

Bestimmte Methoden, einen Beweis zu erheben, sind verboten, wie beispielsweise ein Verhör unter Zwang oder Folter.

Im Normalfall dürfen Beweise, die auf diese Weise illegal erhoben wurden, nicht vor Gericht verwertet werden. Es gibt jedoch Ausnahmen, die im Ermessen des Richters liegen.

Andererseits beschränkt sich das Beweisverwertungsverbot nicht auf solche illegalen Formen der Beweiserhebung; es kann auch für Beweise gelten, die legal erhoben wurden. Welche Beweise das Gericht verwerten darf, hängt zudem von der Art des Prozesses ab.

Für Verkehrsteilnehmer können vor allem drei Arten von rechtlichen Verfahren relevant werden.

Ordnungswidrigkeitenverfahren:

Bei den meisten Verstößen gegen Gesetze und Regeln des Straßenverkehrs; das Verfahren wird zunächst von einer Verwaltungsbehörde durchgeführt und mündet nicht zwangsläufig in einem Gerichtsprozess.

Strafverfahren:

Bei speziellen Verstößen gegen Gesetze und Regeln des Straßenverkehrs, wie Fahrten unter Alkohol- und Drogeneinfluss oder unerlaubtem Entfernen vom Unfallort gilt das Strafrecht.

Zivilverfahren:

Bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Privatpersonen, beispielsweise wenn man einen Unfallgegner auf Schadensersatz verklagt oder sich im Konflikt mit einem Autoverkäufer befindet.

Die Strafprozessordnung enthält konkrete Regeln dazu, ob ein Beweis während eines Strafprozesses verwertet werden darf. Das Ordnungswidrigkeitengesetz bezieht sich direkt auf die Beweisverwertungsverbote der Strafprozessordnung.

Anders ist es beim Zivilprozessrecht. Darin findet sich kein konkret ausformuliertes Beweisverwertungsverbot. Der Grund dafür ist die Auffassung, dass illegale Beweise schon ausreichend durch Beweiserhebungsverbote eingeschränkt sind, so dass die Zivilprozessordnung dazu keine eigenen Regeln mehr braucht.

Das Gesetz sieht folgende Arten von Verboten vor:

  • ausdrückliches Beweisverwertungsverbot
  • unselbstständiges Beweisverwertungsverbot
  • selbstständiges Beweisverwertungsverbot

In welchem Fall ein illegal erhobener Beweis vor Gericht verwertet werden darf, liegt zum Teil im Ermessen des Richters. Er muss zwischen der Notwendigkeit der Strafverfolgung und den individuellen Rechten des Angeklagten abwägen. Beweise, die gegen verfassungsrechtlich geschützte Individualrechte verstoßen, dürfen in den meisten Fällen nicht verwertet werden.

Ausdrückliche Beweisverwertungsverbote stehen in konkreten Gesetzen. Sie verbieten die Verwertung von Beweisen, die beispielsweise durch illegale Vernehmungsmethoden oder Abhören privater Gespräche gewonnen wurden.

Für unselbstständige Beweisverwertungsverbote gibt es keine eigenen Gesetze, da sie sich aus den Verboten für Beweiserhebung ergeben. Allerdings führt nur ein Verstoß gegen das Beweisthemaverbot in jedem Fall zu einem Verwertungsverbot vor Gericht. Beweise, die von der Art ihres Mittels oder der Erhebungsmethode her illegal gewonnen wurden, dürfen unter bestimmten Umständen dennoch vor Gericht verwertet werden.

Bei Zivilprozessen lässt sich bei der Beweisverwertung eine vergleichbare Praxis beobachten wie bei Strafverfahren, auch wenn sich dazu in der Zivilprozessordnung keine konkreten Regeln finden.

Das selbstständige Beweisverwertungsverbot greift dann, wenn der Beweis selbst legal erhoben wurde, er aber gegen die Prozessordnung verstößt. Das trifft beispielsweise zu, wenn ein Angeklagter Aussagen gegenüber einem verdeckten Ermittler äußert, obwohl er bereits in einem Prozess von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Der Einsatz eines verdeckten Ermittlers ist zwar nicht generell verboten, er verstößt in diesem Fall jedoch gegen die Prozessordnung.

Wenn ein Gericht einen bestimmten Beweis nicht verwerten darf, könnte es dennoch auf die Idee kommen, einen Beweis zu verwerten, der aus dem nicht verwertbaren Beweis gewonnen wurde. Damit ließe sich das Verbot der Verwertung des Beweises zu einem gewissen Grad umgehen.

Hier stellt sich die Frage, ob der illegale Beweis durch eine sogenannte Fernwirkung sein Beweisverwertungsverbot auf den abgeleiteten Beweis übertragen kann. In der Vergangenheit haben Gerichte von Fall zu Fall unterschiedlich entschieden. Allerdings dominierte bisher die Auffassung, dass ein solcher abgeleiteter Beweis verwertet werden darf.

Häufige Fälle im Straßenverkehrsrecht, bei denen ein Beweisverwertungsverbot erreicht werden kann, sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Erste Vernehmung durch die Polizei. Wenn die Polizei jemanden nach einem Verkehrsverstoß vernommen hat, ohne ihn darüber aufzuklären, dass er sich nicht äußern muss. Stellt sich jedoch heraus, dass er das Recht zu schweigen auch ohne Belehrung kannte, darf die Aussage wiederum als Beweis verwendet werden.
  • Wenn ein Familienangehöriger zu dem Verstoß befragt wird, kann dieser vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen und muss sich nicht zu der Sache äußern. Hat die Polizei es auch in diesem Fall versäumt, den Verwandten über seine Rechte aufzuklären, gilt für diese Vernehmung ebenfalls ein Beweisverwertungsverbot.
  • Ähnliches gilt, wenn man zu einer Ordnungswidrigkeit einen Anhörungsbogen zugesendet bekommt, in dem man sich schriftlich äußern soll. Enthält er keine Rechtsbelehrung, dann unterliegen die gemachten Ausführungen dem Beweisverwertungsverbot.

    Allerdings ist man verpflichtet, im Anhörungsbogen Angaben zur Person zu machen und diesen bei der zuständigen Behörde einzusenden.

  • Es kann sein, dass ein Beschuldigter eine Aussage zurücknehmen will, die er bei einer ersten Vernehmung oder im Anhörungsbogen gemacht hat, obwohl er korrekt über seine Rechte aufgeklärt wurde. Wenn er diese Aussagen vor dem Gerichtsverfahren widerruft, dürfen die polizeilichen Protokolle nicht in der Gerichtsverhandlung verlesen oder verwertet werden. Allerdings ist es dem Richter gestattet, den Polizeibeamten zu vernehmen, der die Aussagen aufgenommen hat.
  • Vielleicht haben Familienangehörige in einer ersten Vernehmung durch die Polizei oder im Zeugenfragebogen Angaben gemacht, die sie später zurücknehmen möchten. Auch wenn die Rechtsbelehrung dabei korrekt ausfiel, haben Zeugen dennoch eine eingeschränkte Möglichkeit, ihr Zeugnis in der Hauptverhandlung nachträglich zu verweigern.

Wenn es sich nicht um eine richterliche Vernehmung handelt, lassen sich frühere Aussagen auch nicht sinngemäß verwenden. Bei einer richterlichen Vernehmung hingegen dürfen die Inhalte der ersten Vernehmung vorgebracht und verwertet werden, so dass hier das Verwertungsverbot nicht greift.

Beweise von Geschwindigkeitsmessern

Auch Blitzer und Radarfallen können Fehler machen. Es ist möglich, dass das Gerät zur Geschwindigkeitsmessung technische Mängel hatte oder nicht ordnungsgemäß eingesetzt wurde. In manchen Fällen versäumen die zuständigen Beamten außerdem, den Toleranzbereich abzuziehen. Das Beweisfoto kann ebenfalls Fehler aufweisen, die den Beweis gegen den Fahrer ungültig machen.

Von daher sollte man die Informationen einer Geschwindigkeitsmessung im Zweifelsfall professionell prüfen lassen. Eventuell fällt die gesamte Messung unter das Beweisverwertungsverbot, so dass ein Bußgeldbescheid ungültig ist und man dagegen Einspruch erheben kann. Vorher sollte ein kompetenter Anwalt befragt werden.

Die Aufnahmen von Dashcams (Videokameras auf dem Armaturenbrett, die während der Fahrt Aufnahmen machen) sind ein neuartiges Beweismittel. Wenn ein Zeuge einen Verstoß gegen geltendes Recht mit so einer Kamera gefilmt hat, so darf ein Gericht dieses Video zumindest bei schweren Ordnungswidrigkeiten als Beweismittel verwerten und nur dann, wenn die Kamera nicht im Dauerbetrieb läuft.