Fragerecht

Ist man als Stellenbewerber verpflichtet, ungefragt Auskünfte zu geben – und was darf der Arbeitgeber alles von einem Bewerber wissen wollen?

Eine Verpflichtung zu freiwilligen Angaben hat ein Bewerber im Allgemeinen nicht. Der Arbeitgeber muss beim Einstellungsgespräch selbst durch gezielte Fragen die notwendigen Auskünfte erhalten.

Nur in seltenen Fällen muss ein Bewerber von sich aus auch unangenehme Dinge offenbaren. Das betrifft Umstände, die dazu führen können, dass man die Arbeit auf dem dafür vorgesehenen Arbeitsplatz gar nicht ausüben kann, beispielsweise eine akute schwere Krankheit.

Der Arbeitgeber darf Bewerbern bei der Vorbereitung einer Einstellung, zum Beispiel in Form eines Fragebogens oder auch beim Vorstellungsgespräch, nur solche Fragen stellen, an deren Klärung er ein sachlich berechtigtes Interesse hat. Private Dinge gehören daher grundsätzlich nicht ins Bewerbungsgespräch.

Stellt der Arbeitgeber trotzdem Fragen nach dem Privatleben, die mit dem Arbeitsverhältnis nicht in Zusammenhang stehen, kann ihn daran zwar niemand hindern, doch ist das arbeitsrechtlich unzulässig.

Wenn ein Bewerber in eine solche Frage falsch beantwortet, also auf gut Deutsch lügt, drohen ihm rechtlich keine Nachteile. Das ist gerichtlich anerkannt.

Wenn ein Bewerber dagegen eine zulässige Frage falsch beantwortet, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Das hat die gleiche Wirkung wie eine fristlose Kündigung. Eine Rückforderung des bereits gezahlten Arbeitslohns ist dagegen in der Regel ausgeschlossen.

Die Arbeitsgerichte haben in der Vergangenheit für viele typische Fragen in Bewerbungsgesprächen entschieden, ob sie berechtigt und damit zulässig sind.

Die Frage nach einer Schwangerschaft ist generell unzulässig. Eine Schwangerschaft darf deshalb verheimlicht werden.

Der Arbeitgeber darf nach Krankheiten fragen, wenn davon die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz abhängt.

Auch nach einer HIV-Infektion darf der Arbeitgeber nur dann fragen, wenn der Arbeitnehmer auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz aufgrund einer HIV-Infektion nicht arbeiten dürfte, wie dies im Bereich der Heilberufe der Fall ist. Wer sich als Arzt oder als Pfleger / Krankenschwester bewirbt, muss die Frage nach einer HIV-Infektion also wahrheitsgemäß beantworten. Ein Küchengehilfe muss auf diese Frage dagegen wegen fehlender Ansteckungsgefahr nicht die Wahrheit sagen; dieses Rechtsproblem ist allerdings umstritten.

Anders ist es dagegen bei der Frage nach einer Aids-Erkrankung. Da in diesem Fall die Einsatzfähigkeit in den meisten Fällen als erheblich eingeschränkt gilt, darf der Arbeitgeber diese Frage stellen.

Nach einer Schwerbehinderung durfte der Arbeitgeber nach der früheren Rechtsprechung fragen. Schwerbehinderte Bewerber mussten demnach auf diese Frage wahrheitsgemäß antworten.

Da mittlerweile das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz die Diskriminierung (schwer)behinderter Menschen verbietet, ist heute anerkannt, dass bei einer Einstellung nicht nach einer Schwerbehinderung gefragt werden darf. Eine Ausnahme wäre höchstens dann zu machen, wenn die Schwerbehinderung die vertragsgemäße Tätigkeit unmöglich macht.

Von vornherein klar ist es bei der Frage nach Behinderungen. Diese Frage durfte und darf nur dann gestellt werden, wenn sie einen konkreten Bezug zum Arbeitsplatz hat.

Die allgemeine Frage nach Vorstrafen ist unzulässig, wenn sie keinen konkreten Bezug zu dem geplanten Arbeitsverhältnis hat. Wenn ein Bewerber in einer so ungenauen Weise nach Vorstrafen gefragt wird, darf er eine Bestrafung verheimlichen.

Zulässig ist es allerdings, die Frage nach etwaigen Vorstrafen konkreter zu formulieren, also nach Vorstrafen zu fragen, die für den zu besetzenden Arbeitsplatz von Bedeutung sind. So ist es beispielsweise erlaubt, einen Kassierer nach Vorstrafen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten zu fragen oder einen Kraftfahrer nach Vorstrafen wegen Verkehrsdelikten, da hier ein sachlich gerechtfertigtes Interesse des Arbeitgebers besteht.

Der Arbeitgeber darf nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit nicht fragen. Wenn er bei der Anwendung von Tarifverträgen zwischen Mitgliedern der Gewerkschaft und Nicht-Mitgliedern unterscheiden möchte (was zwar absolut unüblich, aber rechtlich zulässig ist), dann darf er allerdings nach der Einstellung des Arbeitnehmers nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen.

Auch die Frage nach Religions- und Parteizugehörigkeit ist bei Bewerbungsgesprächen unzulässig und muss nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. Allerdings ist nach der Einstellung die Frage nach einer Religionszugehörigkeit zulässig, da sie wegen der eventuell abzuführenden Kirchensteuer Voraussetzung für die korrekte Erstellung von Lohnabrechnungen ist.

Nicht endgültig geklärt ist allerdings die Frage, welche Ausnahmen bei konfessionell oder parteipolitisch gebundenen Arbeitgebern gelten.