Geschäftsführerhaftung

Geschäftsführer haften je nachdem, gegen welche rechtlichen Pflichten er verstoßen hat, gegenüber der GmbH oder auch dritten Personen gegenüber persönlich, also auch mit dem privaten Vermögen, auf Schadensersatz. Die Haftung gegenüber der GmbH wird als Innenhaftung bezeichnet, die Haftung gegenüber Dritten (Finanzamt, Krankenkassen, Gläubiger) als Außenhaftung.

Diese Haftung ist eine Ergänzung der durch das Gesetz von vornherein beschränkten Haftung der GmbH. Sie dient dem Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter und dem Schutz der Gläubiger der GmbH.

Rechtsgrundlage für die Innenhaftung des Geschäftsführers ist das GmbH-Gesetz, wonach der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die »Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns« anzuwenden hat.

Im Einzelnen heißt es:

»Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.«

Anwendungsfälle dieser Haftung sind zum Beispiel:

  • Schuldhafte Verletzung der Pflicht, bei Geschäftsabschlüssen völlig unverhältnismäßige Risiken zu vermeiden; riskante Geschäfte sind jedoch bei entsprechend hohen Gewinnchancen erlaubt;
  • Missachtung von Weisungen der Gesellschafter;
  • Missachtung der gegenüber der GmbH zu einzuhaltenden Grenzen der Vertretungsmacht; Beispiel: Obwohl dem Geschäftsführer laut Anstellungsvertrag die Einstellung von Arbeitnehmern ohne Zustimmung der Gesellschafter nicht erlaubt ist, stellt er einen Mitarbeiter ein; die daraus für die GmbH entstehenden Personalkosten muss er ersetzen;
  • Schuldhafte Verletzung von gesetzlichen Pflichten, welche die GmbH treffen, mit der Folge finanzieller Nachteile für die GmbH. Beispiel: Der Geschäftsführer lässt Arbeitnehmer der GmbH länger arbeiten, als es gesetzlich erlaubt ist, weshalb die GmbH eine Geldbuße zahlen muss; diese hat der Geschäftsführer der GmbH zu ersetzen.

Daneben haftet der Geschäftsführer auch nach anderen gesetzlichen Vorschriften auf Schadensersatz etwa bei Schädigung der GmbH durch Betrug oder Untreue.

Voraussetzung für den rechtlichen Bestand von Regressansprüchen der GmbH gegen den Geschäftsführer ist ein Beschluss der Gesellschafter, den Geschäftsführer wegen eines Schadens in Anspruch zu nehmen.

Obwohl die hier genannten Ansprüche auf Schadensersatz rechtlich der GmbH und nicht etwa anderen Personen wie den Gesellschaftern oder den Gläubigern zustehen, können andere Personen mittelbar auf diese Schadenersatzansprüche zugreifen. Wenn nämlich ein Gläubiger der GmbH seinen Anspruch tituliert hat, kann er im Weg der Zwangsvollstreckung den der GmbH zustehenden Anspruch auf Schadenersatz pfänden lassen. In diesem Fall ist ein vorheriger Beschluss der Gesellschafter nicht erforderlich.

Anders als bei der Innenhaftung werden im Falle der Außenhaftung Ansprüche auf Schadensersatz nicht gegen die GmbH, sondern unmittelbar gegen deren Geschäftsführer geltend gemacht. Die in der Praxis wichtigsten Fälle der Außenhaftung sind:

  • das Vorenthalten von Sozialversicherungsabgaben;
  • die Nichterfüllung von steuerlichen Pflichten.

Werden Sozialabgaben nicht bezahlt, greift das Strafrecht. Es droht Geldstrafe an und sogar bis zu fünf Jahren Haft. Arbeitgeber im Sinn dieser Vorschrift ist zwar nicht der Geschäftsführer, sondern die GmbH, doch bestimmt das Strafgesetzbuch für solche Fälle die Strafbarkeit des Geschäftsführers.

Strafbar ist im übrigen nur das Vorenthalten des Arbeitnehmeranteils am Sozialversicherungsbeitrag. Die Nichtabführung des Arbeitgeberanteils ist straflos.

Da dies ein Schutzgesetz zugunsten der Krankenkasse darstellt und bei schuldhaften Verstößen gegen Schutzgesetze eine Haftung auf Schadensersatz besteht, hat die Krankenkasse einen Regressanspruch gegen den Geschäftsführer, wenn dieser die Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag der Krankenkasse vorenthält. Das heißt im Ergebnis, dass der Geschäftsführer für die nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile am Krankenkassenbeitrag mit seinem Privatvermögen aufkommen muss.

Wann eine solche Vorenthaltung von Beiträgen vorliegt, ist teilweise umstritten. Klar ist jedenfalls, dass Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung vorenthalten werden, wenn die Arbeitnehmer der GmbH ihre Arbeit erbracht und dafür den ihnen zustehenden Nettolohn erhalten haben, die Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag aber nicht oder nicht vollständig entrichtet wurden.

Aber auch dann, wenn die Arbeitsleistung faktisch erbracht, allerdings nicht bezahlt wurde, sind die Arbeitnehmeranteile als vorenthalten anzusehen, wenn sie nicht abgeführt werden. Auch ein an die Arbeitnehmer nicht gezahlter Lohn unterliegt daher der Sozialabgabenpflicht.

Praktisch folgt daraus folgende Empfehlung:

Wurde die Arbeitsleistung bereits erbracht und reicht das Geld nicht für die vollständige Abführung der Sozialabgaben, sollte zumindest der Arbeitnehmeranteil am Sozialversicherungsbeitrag möglichst vollständig gezahlt und der Krankenkasse bei der Zahlung mitgeteilt werden, dass hiermit vorrangig die Arbeitnehmeranteile und nicht die Arbeitgeberanteile beglichen werden sollen.

Reicht das Geld nur für die Nettolöhne oder nur für einen Teil der Nettolöhne, sollten die zur Verfügung stehenden Beträge nicht vollständig an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Vielmehr sollten die vorhandenen Beträge teilweise an die Arbeitnehmer und teilweise an die Krankenkasse und das Finanzamt abgeführt werden – auch um den Preis des gegenüber den Arbeitnehmern dann bestehenden Zahlungsrückstands. In Zweifelsfällen sollte man sich als Geschäftsführer anwaltlich beraten lassen.

Ebenfalls hat der GmbH-Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter der GmbH deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Insbesondere hat er dafür zu sorgen, dass die von der GmbH zu zahlenden Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet werden.

Aus der Abgabenordnung ergibt sich unmittelbar eine Haftung des Geschäftsführers der GmbH gegenüber dem Finanzamt.

Diese Haftung kommt vor allem bei der Nichtabführung von Lohnsteuerschulden der GmbH zum tragen. Hier sollte der Geschäftsführer ebenso vorsichtig sein wie beim Arbeitnehmeranteil am Sozialversicherungsbeitrag:

Haben die Arbeitnehmer der GmbH ihre Arbeit erbracht und dafür den ihnen zustehenden Nettolohn erhalten, muss die darauf entfallende Lohnsteuer in vollem Umfang abgeführt werden. Reichen die vorhandenen Mittel dazu nicht aus, sollten die Nettolöhne gekürzt und die hierauf entfallenden (geringeren) Lohnsteuerbeträge vollständig gezahlt werden.

Für den Fall der Insolvenz der GmbH schreibt die Insolvenzordnung dem Geschäftsführer vor:

»Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzantrag zu stellen.«

Ebenso wie im Fall der Krankenkassenbeiträge ist auch diese Vorschrift ein Schutzgesetz, so dass durch nicht rechtzeitige Insolvenzanmeldung geschädigte Gläubiger einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Geschäftsführer herleiten können. Außerdem droht das Strafrecht bei Insolvenzverschleppung bis zu drei Jahre Haft oder Geldstrafe an, bei Fahrlässigkeit bis zu einem Jahr Haft oder Geldstrafe.

Die Insolvenzordnung unterscheidet zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung der GmbH.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die GmbH nicht mehr in der Lage ist, ihre Rechnungen zu bezahlen, was insbesondere bei Einstellung der Zahlungen anzunehmen ist. Dabei kommt es allein auf die fälligen Verbindlichkeiten der GmbH an. Stundungsvereinbarungen oder die Gewährung oder Erweiterung eines Kredits können daher den Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit hinausschieben oder eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit wieder aufheben.

An der Zahlungsunfähigkeit ist allerdings spätestens dann nicht mehr zu zweifeln, wenn der Geschäftsführer im Rahmen der von einem Gläubiger betriebenen Zwangsvollstreckung die Eidesstattliche Versicherung über die Zahlungsunfähigkeit (Vermögensauskunft, Offenbarungseid) abgegeben hat.

Überschuldung liegt dagegen vor, wenn das Vermögen der GmbH ihre bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Die Überschuldung der GmbH kann nur auf Grundlage eines bilanzmäßigen Vergleichs der Aktiva und Passiva festgestellt werden. Die Regeln, nach denen eine solche Überschuldungsbilanz aufzustellen ist, sind umstritten sind und führen im Einzelfall oft zu keiner eindeutigen Entscheidung.

Daher ist die Zahlungsunfähigkeit der GmbH für die Insolvenzanmeldungspflicht des Geschäftsführers von großer praktischer Bedeutung. Deshalb sollte jeder Geschäftsführer in der wirtschaftlichen Krise eine Überschuldungsbilanz aufstellen und sich dabei rechtlich beraten lassen. Die Pflicht zur Erstellung und Fortschreibung einer solchen Bilanz (Beobachtungspflicht) trifft nämlich nach der Rechtsprechung jeden Geschäftsführer unabhängig von einer Ressortaufteilung.

Sowohl im Fall der Zahlungsunfähigkeit als auch bei Überschuldung muss der Geschäftsführer spätestens binnen drei Wochen beim zuständigen Insolvenzgericht (Amtsgericht) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragen. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn ein Insolvenzantrag bereits von dritter Seite, etwa von einer Krankenkasse, gestellt worden ist.

Stellt der Geschäftsführer trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung keinen Insolvenzantrag, droht eine Innenhaftung gegenüber der GmbH sowie zusätzlich eine Außenhaftung gegenüber den Gläubigern.

Bei der Innenhaftung ist der Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind, sind nicht zu erstatten.

Praktisch heißt das, dass der Geschäftsführer nach eingetretener Insolvenz im Allgemeinen keine Zahlungen mehr leisten darf. Abgesehen von Ausnahmefällen, in denen die Nichtzahlung einen noch größeren Schaden für die GmbH oder die spätere Insolvenzmasse nach sich ziehen würde, etwa Strom- und Telefonrechnungen, welche die Fortführung des Betriebs sichern.

Bei der Außenhaftung muss der Geschäftsführer Gläubigern ihren Schaden ersetzen. Wenn zum Beispiel Dritte zahlungspflichtige Verträge mit der insolventen GmbH eingehen, die diese nicht erfüllen kann. Diese Gruppe von Geschädigten nennt man Neugläubiger.

Gläubiger, die bereits vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Forderungen gegenüber der GmbH hatten (Altgläubiger) können durch die Verspätung des Insolvenzverfahrens dadurch einen Schaden erleiden, dass zwischenzeitlich neue Schulden anfallen, die ihren Anteil an der Insolvenzmasse schmälern.

Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, besteht zwischen diesen oft eine Aufgabenteilung, nach der einer zum Beispiel für Finanzen, ein anderer für Technik und Produktion und der Dritte für den Vertrieb zuständig ist.

Wird ein für das Thema Finanzen nicht zuständiger Geschäftsführer aufgrund insolvenzbedingter Nichtabführung von Steuern und/oder Sozialabgaben vom Finanzamt oder einer Krankenkasse in die Haftung genommen, wendet er verständlicherweise ein, ihn träfe kein Verschulden, da er auf die Erfüllung der die GmbH treffenden Pflichten durch den zuständigen Geschäftsführerkollegen vertrauen konnte.

Eine dieser Arbeitsteilung entsprechende Aufteilung der Haftung, nach der nur bestimmte Geschäftsführer für die Erfüllung steuerlicher Pflichten zuständig sind und die übrigen demgemäß nicht, wird von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten unter der Bedingung akzeptiert,

  • dass die Aufgabenteilung vorab und
  • schriftlich festgehalten wurde, etwa in einer Geschäftsordnung der Geschäftsführer oder in einem Gesellschafterbeschluss.

Eine rein praktische Aufgabenteilung genügt daher nicht. Im übrigen muss in der finanziellen Krise auch ein eigentlich nicht zuständiger Geschäftsführer seinen Kollegen, der für Steuern zuständig ist, kontrollieren.
Diese für die steuerliche Haftung entwickelten Grundsätze gelten sinngemäß für die Haftung auf Zahlung der Sozialversicherungsabgaben. Auch hier hilft eine Ressortverteilung, wenn sie vorab schriftlich vereinbart wurde, und auch hier treffen den unzuständigen Geschäftsführer Überwachungspflichten.

Keine Bedeutung hat eine solche Ressortverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern beim Thema Insolvenzantragspflicht. Sie trifft jeden Geschäftsführer spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.