Mängel bei Autokauf
Neue Rechtsprechung zu Mängeln bei Autokauf
Der BGH hat in einem mit Spannung erwarteten Urteil seine Rechtsprechung zu einem innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang auftretenden Mangel bei einem Autokauf geändert. Er hat dabei in Anwendung der neuen EuGH Rechtsprechung eine Entscheidung des OLG Frankfurt aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung zurück verwiesen.
In dem Verfahren ging es um einen durch den Kläger gebraucht gekauften BMW, welcher nach knapp fünf Monaten nach Gefahrübergang in der Einstellung des Automatikgetriebes „D“ nicht mehr von alleine in den Leerlauf schaltete. Ein Anfahren war nicht mehr möglich, da der Motor stets ausging. Die vom Anwalt des Käufers zur Nacherfüllung bzw. Mängelbeseitigung gesetzte Frist verstrich, sodass der Kläger schließlich den Rücktritt erklärt hat. Die zentrale Frage in dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt war die Ursache. Der beklagte Verkäufer ging davon aus, dass der Kläger ein Bedienungsfehler unterlaufen sei und hat daher die Nacherfüllung und den Rücktritt abgelehnt. Diese Vermutung konnte der Verkäufer jedoch nicht beweisen. Durch die so genannte Beweislastumkehr beim Gebrauchsgüterkauf innerhalb der ersten sechs Monate nach Gefahrübergang genügte den Vorinstanzen jedoch diese Vermutung des Beklagten, um die auf Rücktritt gerichtete Klage abzuweisen.
Allerdings verhalf dem Kläger so dann eine Entscheidung des EuGH, in welcher dieser einem Kläger aus den Niederlanden aus seiner Beweisnot geholfen hatte. In diesem Fall war der erworbene PKW innerhalb der ersten sechs Monate nach Gefahrübergang abgebrannt. Eine Ursache war nicht ersichtlich und konnte weder vom Käufer noch Verkäufer belegt werden. In entsprechender Anwendung dieses Urteils des EuGH änderte der BGH seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Unsicherheit, ob der gerügte Gewährleistungsmangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, zu lasten des Käufers gehe. Nach dem aktuellen Urteil des BGH greife die Beweislastumkehr schon dann, wenn es dem Kläger gelingt nachzuweisen, dass sich innerhalb der ersten sechs Monate nach Gefahrübergang ein Gewährleistungsmangel gezeigt habe. Begründet wird dies damit, dass dem Käufer die in § 476 BGB geregelte Vermutung auch dann zustehe, dass der innerhalb der genannten Frist auftretende Mangel bei Gefahrübergang bereits im Ansatz vorhanden war. Wonach der Verkäufer zur Nacherfüllung verpflichtet wird.
Diese Entscheidung wird bei gewerblichen Verkäufern wieder den Wunsch nach einem Gewährleistungsausschluss hervorrufen. Ein solcher ist jedoch bekanntlich nur unter sehr engen Grenzen möglich, wenn es sich nicht um einen Privatverkauf handelt. So dass zukünftig die Berechtigung eines Nacherfüllungsverlangens oder der Rücktritt genau geprüft werden sollte.
Bei Fragen rund um das Thema Mangel, Garantie und Gewährleistung beim Autokauf sollten Sie daher weder als Käufer, noch als Verkäufer auf die kompetente Hilfe eines im Verkehrsrecht versierten Rechtsanwalt verzichten. Verlassen Sie sich nicht auf Rechtstipps aus dem Internet. Ihre Situation ist individuell. Besprechen Sie mit dem Anwalt Ihres Vertrauens die Möglichkeiten und Risiken einer Nacherfüllung oder Rücktritt bei Problemen nach dem Autokauf, ob Privatverkauf oder nicht. Unser Spezialist im Verkehrsrecht Rechtsanwalt Oliver Kranz zeigt Ihnen Wege zu Ihrem Recht zu kommen.
Verschwiegener Unfall ist Mangel
Der Kläger hatte bei dem Beklagten ein über das Internet angebotenes gebrauchtes Auto gekauft. Hierbei hat der beklagte Händler nicht auf einen Unfallschaden hingewiesen, im Kaufvertrag wurde nur vermerkt, dass hinten links etwas nachlackiert wurde. Die Haftung des Beklagten wurde auf ein Jahr beschränkt.
Mehr als ein Jahr später stellte der TÜV fest, dass ein schwerwiegender Unfallschaden vorlag. Woraufhin der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages forderte. Das AG Heidelberg hat die Klage zunächst abgewiesen, da es der Ansicht war, dass die Gewährleistungsansprüche des Klägers verjährt seien.
In der Berufung vor dem Landgericht Heidelberg bekam der Kläger Recht, da die Richter von einem arglistigen Verschweigen ausgegangen sind. Was sie wie folgt begründet haben:
Der Beklagte hat dem Kläger den Schaden an dem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Beklagte hat hier das streitgegenständliche Fahrzeug in der Internetanzeige vom 13.05.2010 als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Beklagten zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein. Wenn der Beklagte jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab.
Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Kläger mit der von dem Beklagten hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte. Der Beklagte wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kauvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Diese Angabe ist zwar bezüglich des unter der Lackierung befindlichen Zustands offen und beinhaltet rein
sprachlich auch die Möglichkeit, dass ein größerer Schaden nachlackiert worden ist. Eine ordnungsgemäße Korrektur einer ins Blaue hinein gemachten falschen Angabe über ein Gebrauchtfahrzeug muss sich aber an der Fehlvorstellung orientieren, die bei dem Käufer hervorgerufen worden ist. Nachdem dieser aufgrund der Angabe „unfallfrei“ davon ausgehen durfte, dass das Fahrzeug noch keine größeren Schäden erlitten hatte, musste der Beklagte deutlich auf das mögliche Vorhandensein auch größerer Schäden hinweisen. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt.
Für die Praxis bedeut dies, dass zwar grundsätzlich die Möglichkeit beim Gebrauchtwagenkauf besteht, die Verjährung auf ein Jahr zu reduzieren. Diese Reduzierung jedoch nicht eingreift, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat.
Für Arglist genügt es bereits, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein behauptet, der Wagen sei unfallfrei und dies unzutreffend ist.
Beschaffenheitsvereinbarung beim Gebrauchtwagenkauf
Das AG Kiel hat in seinem Urteil vom 03.10.2014 entschieden, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich etwaiger Vorschäden dann nicht getroffen wurde, wenn das entsprechende Feld in dem Vertragsformular nicht ausgefüllt wurde. Das unausgefüllte Feld ist einem „Schweigen“ gleichzusetzen, dem kein Erklärungswert zukommt. Eine Beschaffenheitsvereinbarung wurde auch hinsichtlich der Eigenschaft „Mietwagen“ nicht getroffen, denn im Kaufvertrag wurde lediglich die Vorbenutzung als Taxi verneint. Nach der Auffassung des Gerichts sind Taxi und Mietwagen nicht gleichzusetzen. Bei einem Taxi liegt i. d. R. ein übermäßiger Gebrauch wegen der Höhe der Fahrleistung vor. Bei einem Mietwagen lässt sich nicht sicher sagen, ob und inwieweit sich darauf überhaupt eine Nichteignung für die gewöhnliche Verwendung und damit ein Mangel i. S. d. § 434 BGB begründen lässt. Ein übermäßiger Verschleiß von Motor und sonstiger Mechanik ist bei einem nicht mehrjährigen Einsatz eines Mietwagens mit überdurchschnittlicher Fahrleistung im Vergleich mit einem privat genutzten Pkw wohl nicht anzunehmen. Das AG Kiel hat auch das Vorliegen einer arglistigen Täuschung nicht bejaht, da die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs im zugrundeliegenden Fall nicht offenbart werden musste, da das Fahrzeug erst zwei Jahre alt war und keine übermäßige Fahrleistung aufwies.