Schadenspositionen

Abschleppkosten

Bis wohin darf das Unfallfahrzeug abgeschleppt werden?

Ein Unfallbeteiligter, auch wenn er den Unfall nicht verursacht hat, darf sein beschädigtes Fahrzeug nicht in eine Werkstatt seiner Wahl auf Kosten des Unfallverursachers abschleppen lassen, wenn es andere/nähere geeignete Reparaturmöglichkeiten gibt. Das AG Ratingen musste über diesen Fall entscheiden, nachdem der Geschädigte sein Fahrzeug vom Unfallort in „seine Heimatwerkstatt“ hatte schleppen lassen.

Grundsätzlich muss der Unfallverursacher dem Geschädigten allen Schaden, der ihm im Zusammenhang mit dem Unfall entstanden ist ersetzen. Hierzu gehören zweifelsfrei auch die Kosten für das Abschleppen des Fahrzeugs. Den Geschädigten trifft aber eine so genannte Schadenminderungspflicht. Zu dieser gehört eben auch, dass ein beschädigtes Fahrzeug nur in die nächstgelegene geeignete Vertragswerkstatt geschleppt werden darf. Die Kosten hierfür sind regelmäßig vom Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung zu übernehmen.

Geeignet ist aus Sicht des AG Ratingen jede Werkstatt des Fahrzeugherstellers, da davon auszugehen ist, dass eine Vertragswerkstatt in der Lage ist, eine Reparatur fachgerecht durchzuführen.

Ersatz von Abschlepp- und Mietwagenkosten

Wie das Amtsgericht Stade in einem Urteil vom 10.01.2012 entschieden hat, sind nach einem unverschuldeten Unfall durch den Unfallgegner auch die Abschleppkosten zu erstatten. Der Geschädigte ist danach berechtigt gleich nach dem Unfall ein Abschleppunternehmen zu beauftragen, ohne sich vorher vergewissern zu müssen, ob die Abschleppfirma einen angemessenen Preis berechnet. Gleiches gilt für die Anmietung eines Mietwagens zu dem so genannten „Normaltarif“. Auch dies bezüglich muss der Geschädigte keine „Marktforschung“ betreiben, um möglicherweise ein günstigeres Angebot zu finden. Auf seine Schadensminderungspflicht muss er sich nur verweisen lassen, wenn ihm vor Anmietung ein günstigeres, konkretes Angebot nachgewiesen worden wäre.

Nutzungsausfall

Kein Nutzungsausfall für entgangene Fahrfreude

Wie das OLG Düsseldorf jetzt entschieden hat, gibt es für entgangene Fahrfreude keinen Nutzungsausfall nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall.

Das Gericht hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem der Kläger Nutzungsausfall für seinen bei einem Unfall beschädigten Oldtimer-Sportwagen der Marke Morgan begehrte. Nach ständiger Rechtsprechung kann im Falle der Beschädigung eines privat genutzten Fahrzeugs der Geschädigte Nutzungsausfallentschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit verlangen, auch wenn er keine besonderen Aufwendungen zur Überbrückung der ausgefallenen Nutzungsmöglichkeit, wie insbesondere Mietwagenkosten, getätigt hat.

Allerdings ist nachdem OLG Düsseldorf eine fühlbare Nutzungsentbehrung erforderlich. Nach dem der Morgan Fahrer noch über einen auf ihn zugelassenen Mercedes E 200 verfügte, hat das Gericht seine Klage abgewiesen, da es allein für den Verlust von Fahrvergnügen und Auffälligkeitswert keinen Nutzungsausfall zu gesprochen hat. Diese immateriellen Beeinträchtigungen begründen sich nach Ansicht des Gerichts allein in der subjektiven Wertschätzung des Morgan Fahrers.

Nutzungsausfall auch für Radfahrer

Autofahrer erhalten nach einem unverschuldeten Unfall regelmäßig einen Leihwagen oder den Nutzungsausfall von der Versicherung des Unfallverursachers erstattet.

Ob dies auch auf Radfahrer zutrifft war bisher umstritten. Das Landgericht Lübeck hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil auch dem Radfahrer einen Nutzungsausfall zugesprochen.

Die fehlende Nutzungsmöglichkeit des Fahrrades sei auch ein ersatzfähiger Vermögensschaden, welcher vom Unfallverursacher zu erstatten ist.

Der Große Zivilsenat des BGH hatte bereits im Jahr 1986 entschieden, dass ein Nutzungsausfall dann als ein zu ersetzender Vermögensschaden anzusehen ist, wenn es sich um einen Gegenstand handelt, auf dessen ständige Verfügbarkeit der Berechtigte für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung folgt das Landgericht Lübeck der Auffassung, dass auch der Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Fahrrades als ersatzfähiger Vermögensschaden anzusehen ist, wenn Fahrräder etwa regelmäßig für den Weg zur Arbeit genutzt werden. In diesen Fällen ist die Voraussetzung, dass der Berechtigte auf die ständige Verfügbarkeit typischerweise angewiesen ist, grundsätzlich erfüllt. Ein Grund, der es rechtfertigen würde, denjenigen, dessen für den Weg zur Arbeitsstätte genutzter Pkw beschädigt wird, anders zu behandeln als denjenigen, dessen für den Weg zur Arbeit genutztes Fahrrad beschädigt wird, besteht nicht.

Rechtsanwaltskosten Unfall

Auch bei einer klaren Haftungslage bei einem Unfall können Rechtsanwaltskosten durch die Versicherung des Gegners erstattungsfähig sein. Lediglich in einfach gelagerten Fällen und bei entsprechender Erfahrenheit des Anspruchstellers müssen die Anwaltskosten nicht übernommen werden. Wobei ein einfacher Fall bereits nicht mehr vorliegt, wenn es um die Ermittlung der Schadenshöhe geht, für welche die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durchaus geboten ist.

Die Kosten für einen Rechtsanwalt müssen auch bei scheinbar einfachen und eindeutigen Unfällen durch den Unfallverursacher ersetzt werden. Dies gilt selbst dann, wenn es über die Schuldfrage keinen Streit gibt.

Nach einer Entscheidung des Amtsgericht Kassel hat der rechtsunkundige Geschädigte, dem Versicherungsgesellschaften mit eigenen, hoch spezialisierten Rechtsabteilungen entgegenstehen, einen Anspruch auf anwaltliche Hilfe. Aus Sicht des Gerichts gibt es keinen „einfach gelagerten Verkehrsunfall“ mehr, da die Rechtsprechung zum Umfang der Ersatzpflicht eine Dimension erreicht hat, die für Laien nicht mehr zu durchschauen ist.

Zumindest der Geschädigte eines Unfalls sollte daher nicht an Anwaltskosten sparen, da die beteiligten Versicherungen ihm mit Sicherheit nicht alle zustehenden Schadenspositionen ersetzen werden. Diese haben ein viel zu großes Eigeninteresse, den Schadens aus einem Unfall gering zu halten. Aber auch für den vermeintlichen Unfall Verursacher gilt, dass guter Rat nicht teuer ist, sondern gar kein Rat teuer werden kann.

Bei Fragen rund um das Thema Verkehrsunfall oder Kfz-​Versicherung sollten Sie daher immer die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen.