Steuerhinterziehung

Das Wort klingt nach Weißer-Kragen-Täter und nach Kavaliersdelikt, was grundfalsch ist. Steuerhinterziehung ist eine Straftat wie bewaffneter Raubüberfall. Nur bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung wird das Vergehen als Ordnungswidrigkeit, also Gesetzesübertretung, bewertet.

Eine Steuerhinterziehung erfordert aktives Handeln, wenn etwa zu hohe Werbungskosten in der Steuererklärung angegeben werden. Das beginnt schon bei Kleinigkeiten wie der Entfernung von der Wohnung zum Arbeitsplatz.

Dazu kommt Unterlassung, etwa das Verschweigen von hohen Geldgeschenken oder anderen Einnahmen, soweit daraus eine Steuerkürzung oder ein Steuervorteil eintritt. Die Steuerhinterziehung ist jedoch nur bei Vorsatz strafbar. Dennoch sind bereits der Versuch und auch die Beihilfe strafbar.

Steuerhinterziehungen können zu einer Geld- und Freiheitsstrafe führen. Mit einer Strafbefreiung kann der Täter nur rechnen, wenn die Steuerhinterziehung weniger als 50.000 Euro beträgt. In diesen Fällen erfolgt eine Nachzahlung der unterschlagenen Steuer plus sechs Prozent Hinterziehungszinsen.

Beträgt die Steuerhinterziehung mehr als 50.000 Euro, droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren. Das Strafmaß ist abhängig von der Höhe der hinterzogenen Steuern. Bei Beträgen in Millionenhöhe kann die Freiheitsstrafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden.

Grundsätzlich kann jeder eine Steuerhinterziehung begehen und eine Strafe riskieren. Am häufigsten liegt eine unmittelbare Täterschaft vor. Jedoch kann es vorkommen, dass ein Steuerberater die Unwissenheit seines Mandanten nutzt und so zum mittelbaren Täter wird.

Dafür ein Beispiel: Ein Sportlehrer gibt die Rechnungen für seinen Skiurlaub dem Steuerberater, weil er glaubt, es handle sich um absetzungsfähige Werbungskosten. Der Steuerberater weiß zwar, dass das nicht zutrifft, trägt die Rechnungen aber dennoch als Werbungskosten ein und lässt den Lehrer unterschreiben. In diesem Fall liegt eine sogenannte mittelbare Täterschaft vor, weil der Berater seinen Mandanten als Werkzeug genutzt hat.

Wenn aber sowohl Steuerberater als auch Steuerpflichtiger die unrichtigen Angaben kennen, ist der Mandant unmittelbarer Täter und der Berater leistet Beihilfe. Möglich ist schließlich noch die Mittäterschaft.

Auch dafür ein Beispiel: Ein Mandant und sein Steuerberater beschließen gemeinsam, eine Steuerhinterziehung zu begehen. Der Steuerberater entwirft hierfür ein »Steuerhinterziehungsmodell«. In diesem Fall liegt eine Mittäterschaft vor, weil der Steuerpflichtige die Steuerhinterziehung nicht ohne den Tatbeitrag des Beraters begehen könnte.

Das Strafrecht stellt einige besonders schwere Fälle von Steuerhinterziehung unter höhere Strafen. Dazu gehört die Steuerverkürzung in großem Ausmaß. Was genau unter einem großen Ausmaß zu verstehen ist, kann nicht generell bestimmt werden. Laut Bundesgerichtshof liegt die Mindestgrenze bei 50 000 Euro.

Die fortgesetzte Steuerverkürzung durch nachgemachte oder verfälschte Belege zählt ebenso dazu. Diese Handlungsweise ist in der Praxis häufig anzutreffen. Hierbei muss eine Urkundenfälschung vorliegen, die Erstellung von Scheinbelegen genügt nicht.

Schließlich kennt das Gesetz noch eine fortgesetzte Umsatz- oder Verbrauchssteuerverkürzung als Mitglied einer Bande.

Die Strafen für diese Arten von Steuerhinterziehung sind entsprechend höher als im Normalfall.

Je höher der staatliche Steuerschaden ist, desto höher ist auch die Strafe einer Steuerhinterziehung.
Die Geldstrafe nach einer Steuerhinterziehung wird in Tagessätzen berechnet. Gemäß Strafgesetzbuch ist eine Spannweite von fünf bis 360 vollen Tagessätzen vorgesehen. Strafzumessungen bis 90 Tagessätze werden nicht im Bundeszentralregister vermerkt. Ein Steuersünder gilt dann nicht als vorbestraft.

Die Höhe des einzelnen Tagessatzes trägt den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters Rechnung und orientiert sich an dem Nettoeinkommen, das er durchschnittlich pro Tag zur Verfügung hat oder haben könnte.
Entscheidend ist das Einkommen zum Zeitpunkt der Verurteilung. Das heißt, dass eine geringfügige Steuerhinterziehung hohe Geldstrafen nach sich ziehen kann, wenn der Betreffende zum Zeitpunkt der Verurteilung ein hohes Einkommen erzielt.

Die Tagessatzhöhe liegt zwischen einem Euro und 30.000 Euro, daraus folgen Geldstrafen von fünf Euro bis zu 10,8 Millionen Euro.

Strafmilderung kann gewährt werden, wenn der Gesetzgeber oder das Finanzamt eine Steuerhinterziehung besonders erleichtert oder keine Maßnahmen gegen eine erkennbare Steuerhinterziehung getroffen haben.

Gibt ein Steuersünder sein Hinterziehungsmodell freiwillig vor Tatentdeckung auf, wird dies strafmildernd berücksichtigt.

Eine freiwillige aktive Mitwirkung an der Aufklärung einer Steuerhinterziehung mildert ebenfalls die Strafe, genauso eine schnelle Schadenswiedergutmachung durch die Zahlung der Steuern.

Ehrlichkeit und Reue beim Geständnis sowie die Einsicht des Täters, ein Unrecht begangen zu haben, werden ihm bei der Strafzumessung zugute gehalten.

Eine überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer bildet einen strafmildernden Umstand. Wurden treuhänderisch verwaltete Steuern hinterzogen, liegen strafverschärfende Umstände vor. Bei einer über mehrere Jahre durchgeführten Steuerhinterziehung verschärft sich ebenfalls die Strafe.

Zeigt sich, zum Beispiel durch das Anfertigen gefälschter Belege, eine zusätzliche kriminelle Energie, wirkt sich das oft strafverschärfend aus. Wobei solche Fälle zumeist als Urkundenfälschung separat behandelt werden.

Keine Steuerhinterziehung auf Zeit

Der BGH hat neu bestimmt, dass es keine Steuerhinterziehung auf Zeit gibt. Nach dem Urteil des BGH bemisst sich der Umfang der verkürzten Steuern oder erlangten Steuervorteile auch dann nach dem Betrag der nicht (vollständig) erklärten Steuern, wenn die Tat durch die pflichtwidrige Nichtabgabe oder Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung begangen wurde. Die Tatsache, dass regelmäßig nach § 18 Abs. 3 UStG einer Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben ist, führt nicht dazu, dass nur ein Steuervorteil auf Zeit erlangt wird.