Zielvereinbarung

Eine Zielvereinbarung ist eine vertragliche Nebenabrede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie legt fest, dass bestimmte erwünschte Zustände (Ziele) innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens erreicht werden sollen.

Aufgrund der Zielvereinbarung verpflichtet sich der Arbeitnehmer dazu, zur Zielerreichung beizutragen.
In der Regel wird vereinbart, dass die Ziele innerhalb eines Jahres (Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr) erreicht werden sollen.

In der Praxis werden quantitative oder qualitative Ziele vereinbart.

Quantitative Ziele sind beispielsweise Umsatzvorgaben, Deckungsbeiträge oder Auftragseingänge. Bei solchen Zielen ist es meistens auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher Zahlen nicht sehr schwierig festzustellen, ob bzw. in welchem Grad sie erreicht wurden.

Dagegen kann man bei qualitativen Zielen die Zielerreichung oder -verfehlung nicht ohne weiteres an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen ablesen. Beliebte qualitative Ziele sind Vorgaben zu der erwünschten beruflichen Entwicklung des Arbeitnehmers oder des von ihm geleiteten Bereichs oder Teams. Hier kann zum Beispiel festgelegt werden, dass beziehungsweise welche Fortbildungen zu absolvieren sind.

In aller Regel besteht bei Zielerreichung ein Anspruch auf eine Prämie. Mit Zielvereinbarungen sollen nämlich Leistungsanreize für Arbeitnehmer, vor allem für Fach- und Führungskräfte, gesetzt werden. Daher wird in der Praxis immer vereinbart, dass der Arbeitnehmer je nach dem Grad der Zielerreichung am Ende der vereinbarten Periode einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung hat. Ebenso wie die gemeinsame vertragliche Festlegung der Ziele unterliegt auch die Vereinbarung über diesen Bonus dem freien Ermessen der Parteien.

Ist ausnahmsweise einmal kein Anspruch auf eine Zielerreichungsprämie vereinbart, sollte man nicht von einer Zielvereinbarung sprechen. In solchen Fällen ist eine »gemeinsame Vereinbarung« von Zielen letztlich nur eine partnerschaftliche Art und Weise des Arbeitgebers, das ihm zustehende Direktionsrecht auszuüben.

Zielvorgaben, deren Erreichung dem Arbeitnehmer finanziell nichts nutzen, sind daher in aller Regel als Betätigungen des Direktions- oder Weisungsrechts zu verstehen.

Im Rahmen einer Zielvereinbarung besagt ein Freiwilligkeitsvorbehalt, dass die Zahlung einer Zielvereinbarungsprämie in jedem Fall eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers ist, so dass darauf kein Rechtsanspruch besteht. Solche Vorbehalte sind nach der Rechtsprechung unwirksam.

Zielvereinbarungen sind nämlich – jedenfalls in den meisten Fällen – einseitig vom Arbeitgeber gestellte Vertragsbedingungen, die »für eine Vielzahl« von Verträgen vorformuliert sind. Sie sind daher Allgemeine Geschäftsbedingungen.

Eine wichtige Kontrollvorschrift ist dabei die Regel, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner (in diesem Fall den Arbeitnehmer) entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das kann sich auch daraus ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Aus dieser Vorschrift hat das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt in einer Zielvereinbarungsregelung aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit und der daraus folgenden Unklarheit unwirksam ist, da dem Arbeitnehmer einerseits ein Anspruch auf Bonifikation bei Zielerreichung zugesagt, zugleich aber mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt wieder abgesprochen wird.

Da häufig ein Mix aus quantitativen und qualitativen Zielen vereinbart wird, kann am Ende der vereinbarten Zeit Streit über die Frage entstehen, in welchem Umfang die qualitativen Ziele realisiert wurden.
Um das zu vermeiden, wird in Zielvereinbarungen meistens auch geregelt, wer das am Ende zu beurteilen hat. Das ist in der Regel der Arbeitgeber.

Mit einer solchen Beurteilungskompetenz ist aber kein Recht zur Willkür verbunden. Der Arbeitgeber hat vielmehr den ihm vertraglich eingeräumten Beurteilungsspielraum objektiv und fair zu nutzen. Seine Beurteilung der Zielerreichung muss dem »billigem Ermessen« entsprechen.

Tut sie dies nicht, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung der Zielerreichung. Zudem kann er auf Zahlung der aus einer richtigen Beurteilung folgenden Zielerreichungsprämie klagen.

Wie erwähnt sind Zielvereinbarungen zumeist Allgemeine Geschäftsbedingungen, wobei der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, auf die Interessen des Arbeitnehmers angemessen Rücksicht zu nehmen.
Im Rahmen dieses Schutzes vor unangemessenen Klauseln gilt etwa, dass Unklarheiten oder Zweifel an der Auslegung zu Lasten des Arbeitgebers gehen.

Daraus können sich für den Arbeitgeber unangenehme Überraschungen ergeben. So hatte das Landesarbeitsgericht Frankfurt über den Fall eines Verkaufsangestellten zu entscheiden, der mit seinem Arbeitgeber darüber stritt, ob er die Zielvorgabe »TOK Fehlerquote gegen Null« erreicht habe.

Der Arbeitgeber verstand unter TOK (»technisches OK«), so erläuterte er vor Gericht, nicht nur technische Konfigurationen, Er habe auch die Qualität von Arbeitsabläufen, die der klagende Arbeitnehmer eigenverantwortlich zu erledigen gehabt habe, gemeint. Dies beinhalte die Prüfung von Ausschreibungen, die Angebotserstellung, die Preisgestaltung bis hin zur Überwachung bestehender vertraglicher Verpflichtungen bei Wartungsverträgen und Kundenbeziehungen.

Das Gericht gab dem Arbeitnehmer recht mit der Begründung, die Zielvorgabe »TOK Fehlerquote gegen Null« beziehe sich allein auf Dokumentationspflichten des Arbeitnehmers, die dieser unstreitig erfüllt habe. Eine weiterreichende Bedeutung dieser Vorgabe konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Es berief sich dabei auf den Grundsatz, dass Unklarheiten bei der Auslegung von Zielvorgaben zu Lasten des Arbeitgebers gingen.

Zielvereinbarungen gelten immer nur für eine begrenzte Zeit, meistens für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr, in dem die festgelegten Ziele erreicht werden sollen. Ist diese Periode vorbei, gelten erst einmal keine weiteren Ziele mehr, es sei denn, eine weitere Zielvereinbarung tritt an die Stelle der alten.

In den meisten Fällen, in denen Zielvereinbarungen abgeschlossen werden, enthält der Arbeitsvertrag oder eine ergänzende Zusatzvereinbarung die Pflicht beider Seiten, immer erneute Zielvereinbarungen abzuschließen. Die einzelnen Zielvereinbarungen haben dann eine rechtliche Basis in Gestalt einer arbeitsvertraglichen Rahmenvereinbarung.

Erst eine solche Rahmenvereinbarung verschafft dem Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch gegen den Arbeitgeber auf Abschluss weiterer Zielvereinbarungen. Schließen die Vertragsparteien dagegen keine Rahmenvereinbarung ab, kann eine Zielvereinbarung eine einmalige Angelegenheit bleiben. Es gibt dann nach Ablauf der vereinbarten Zeit keinen Anspruch auf Abschluss einer Folgevereinbarung.

Diese Besonderheiten von Zielvereinbarungen führen dazu, dass in der juristischen Literatur oft von verschiedenen Stufen einer Zielvereinbarung die Rede ist:

  • Die erste Stufe ist die im Arbeitsvertrag enthaltene Rahmenvereinbarung, die beide Vertragsparteien zur immer erneuten Festlegung von Zielen verpflichtet.
  • Die zweite Stufe ist die (zeitlich begrenzte) Zielvereinbarung selbst.
  • Die dritte Stufe schließlich ist die Beurteilung des Zielerreichungsgrads.

Nur wenn alle drei Stufen zusammen durchlaufen wurden, ergibt sich für den Arbeitnehmer ein Anspruch auf Zielerreichungsprämie.

Arbeitsvertragliche Rahmenvereinbarungen, die den Arbeitgeber zum Abschluss von Zielvereinbarungen verpflichten, werden ihm in der Praxis oft lästig. Spätestens dann, wenn er sich von dem betreffenden Arbeitnehmer trennen möchte.

Das liegt an dem Anreizcharakter von Zielvereinbarungen: Sie werden aus Sicht des Arbeitgebers nutzlos, wenn der Betreffende nicht mehr motiviert, sondern entlassen werden soll. Arbeitgeber schieben in solchen Fällen den Abschluss einer anstehenden Zielvereinbarung so lange hinaus, bis sie gegenstandslos geworden ist.

Für solche Fälle hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch zusteht.

Erforderlich ist nach dieser Rechtsprechung, dass Arbeitnehmer darlegen, welche Vergütung sie erhalten hätten, wenn es zu einer realistischen Zielvereinbarung gekommen wäre.

Hier geht es zu Lasten des klagenden Arbeitnehmers,

  • wenn ihn ein Mitverschulden am Unterbleiben der Zielvereinbarung trifft und/oder;
  • wenn in der Vergangenheit eher ehrgeizige Ziele vereinbart wurden und/oder
  • wenn die Erfüllungsquote der vergangenen Jahre unter 100 Prozent lag.

Alle diese Faktoren können vom beklagten Arbeitgeber als schadenmindernde Umstände angeführt werden.

Ist der Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit an der Arbeitsleistung gehindert, kann er die zeitanteilige Zahlung der Prämie verlangen, solange er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat, in der Regel also für höchstens sechs Wochen. Für Krankheitszeiten, für die kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, ist der Arbeitgeber dagegen nicht zur Zahlung verpflichtet.

Scheidet der Arbeitnehmer vor Ablauf der für die Zielerreichung vereinbarten Zeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, kann er ebenfalls zeitanteilig Zahlung der Zielerreichungsprämie beanspruchen. Allerdings wird die Prämie nicht schon zum Zeitpunkt des Ausscheidens fällig, sondern erst nach Ablauf der Frist, die für die Zielerreichung vorgegeben war.

Abweichende vertragliche Vereinbarungen, die den Anspruch des Arbeitnehmers auf Zielerreichungsprämie für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens ausschließen, sind als unzumutbare Kündigungserschwerung rechtlich unzulässig.